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Nr. 7: Zwiespältige Erfahrung mit Eigentumswohnungen

Nicht nur beim Immobilienkauf gilt es, Gelegenheiten zu erkennen und zuzupacken. Mitte der 60er Jahre sass ich mit einigen Studienkollegen im Lichthof der Uni Zürich beim Kaffee. Einer von ihnen suchte für seinen dreiwöchigen WK eine Stellvertretung als Geschichtslehrer der AKAD. Besonderes Interesse zeigte jemand, der seine Position als Chasseur im Unterhaltungslokal „Kindli“ gern verbessert hätte. Ich selber hätte auch lieber auf dem Niveau meines Fachs unterrichtet denn als Primalehrer-Vikar. Zum vereinbarten Termin erschien nur ich – und aus den drei Wochen wurden elf Jahre. Zwar lagen Lohn und Ferien ein Drittel unter jenen öffentlicher Mittelschulen, aber man hatte es nicht mit gelangweilten Teenies zu tun, sondern mit hoch motivierten Erwachsenen.

Zum Kauf meiner ersten Eigentumswohnung: Finanziell hat er sich in unerwartetem Ausmass gelohnt. Nach drei Jahren schaute nach Abzug einer happigen Grundstückgewinnsteuer ein Plus von 50‘000 Franken heraus. Der Gewinn entsprach dem dreifachen Betrag, den ich damals jährlich dank rigoroser Sparsamkeit und Autoverzicht beiseite legen konnte - Grundstein für den Kauf eines Einfamilienhauses.

Unter den fünf Eigentümern befanden sich zwei Ehepaare und drei Singles. Und hier kommt ein Faktor ins Spiel, der tägliche und vielleicht unangenehme Realität wird: Passt man in einer kleinen Gemeinschaft zusammen? In einer Überbauung mit Dutzenden von Wohnungsbesitzern herrschen andere Verhältnisse. Erstmals begegnete ich einem später mehrmals erlebten Phänomen, dass sich Paare kurz nach dem Bezug des Eigenheims überwerfen. Ich im ersten Stock hörte aus der Parterrewohnung wüsten Ehestreit und später erregte und von dröhnender Musik untermalte Diskussionen mit Leidensgenossinnen bis in die frühen Morgenstunden.

Alte Häuser haben meist ein enormes Trittschallproblem. Wenn die alte Frau über mir durch ihre Wohnung stampfte, geriet das ganze Gebäude mit Baujahr 1891 in Schwingungen, vom Klappern des Schuhwerks auf dem Parkettboden nicht zu reden. In meinem Ärger wandte ich mich an die Eidg. Materialprüfungsanstalt und erfuhr, wie man es beim Umbau hätte machen sollen: Verlegung von Bleifolien samt guter Verankerung an den Randbalken. In Nachhinein würden nur Spannteppiche für Abhilfe sorgen. Leider hatten alle andern Besitzer ausser mir die pflegeleichte Variante Fliesen- und Parkettböden gewählt. Eine Umrüstung kam natürlich nicht in Betracht.

Noch lästiger war das durchdringende Kläffen im hohen Frequenzbereich von zwei Pekinesen dieser Nachbarin. Auf meine Bitte, während ihrer längeren Abwesenheiten die stundenlang bellenden Hündchen wenigstens in einem Randzimmer warten zu lassen, erwiderte sie im Ton einer empörten Tierschützerin: Ihre Lieblinge würden verzweifeln, wenn sie nicht hinter der Wohnungstüre auf die Heimkehr von Frauchen lauern dürften.

Und nun begann ein absurdes Theater, das ich um des lieben Friedens willen mitmachte, nämlich mit Zettelschreiben über meine abendlichen Präsenzen. Diese wurden immer seltener, und manchmal floh ich selbst an Sonntagen ins Büro. Dieser Zustand musste ein Ende finden. Meine spätere Frau, die ich inzwischen kennengelernt hatte, erschien mir wie ein rettender Engel, weil ihr die Wohnung ohne Seesicht und mit Blick auf eine nahe Hauswand missfiel. Auf langen Wanderungen am rechten Zürichseeufer und an ihrem Wohnort Meilen (mit Seeblick) schauten wir uns nach einem Haus um. Alles für Normalverdiener unerschwinglich schon damals – und so tauchte ein neuer Plan auf, der uns in die Südschweiz führen sollte.